Retinitis pigmentosa ist eine vererbbare Augenkrankheit, die sukzessive zur Erblindung führen kann.
Implantat ins Auge
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Was hat es mit dieser in Kuba praktizierenden RP Therapie auf sich?
Abhängig vom Patienten kann es auch zu einer Steigerung der Sehkraft und einer Verbesserung des Gesichtsfeldes kommen.
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Dr. Lázaro Joaquín Pérez Aguiar
Direktor der Klinik für Retinitis pigmentosa „Camilo Cienfuegos“
Was macht die RP Therapie in Kuba so besonders?
Das Centro Internacional de Retinosis Pigmentaria „Camilo Cienfuegos“ (CIRP) im Stadtteil Vedado in Havanna ist eine Klinik, die auf die Behandlung von RP Patienten spezialisiert ist. Sie wurde vor 25 Jahren auf eine Idee von Fidel Castro hin gegründet, um ausländischen Patienten diese kubanische Therapie zu ermöglichen. Obwohl eine reine Augenklinik, arbeiten hier auch Kardiologen und Internisten, zudem Kinder-, Zahn-, HNO- und Frauenärzte, denn der Patient wird hier als Ganzes betrachtet.
Jeder Patient wird bei Aufnahme in der Klinik einer umfangreichen Untersuchung unterzogen, die es ermöglicht, genau festzustellen, in welchem Stadium der Krankheit er sich befindet, um daraus die auf jeden einzelnen spezifisch ausgerichtete Behandlung abzuleiten. Dazu gehören Refraktion, Perimetrie, ERG, Adaptometrie, Färb- und Kontrastsehtests, Indocyanin-Grün-Fluoreszenzangiographie, okularer Ultraschall, Tomographie des Sehnervs, visuell evozierte Potentiale und Elektrookulographie.
Die Ozontherapie wird 14 Tage lang täglich durchgeführt, wobei die Dosierung vom Alter und Gewicht des Patienten abhängt. Ozon hat erwiesenermaßen einen positiven Einfluss auf die Funktion der Retina. Auch wenn die Veränderungen der Sehschärfe nicht signifikant sind, so kommt es doch beim Gesichtsfeld zu einer Verbesserung von 46,7 %. Allerdings ist die Wirkung nicht dauerhaft und die Ozontherapie müsste deswegen ein bis zweimal im Jahr wiederholt werden. Die Medikamentierung variiert von Patient zu Patient. Hinzu kommen Empfehlungen, die Verhalten und Ernährung betreffen.
„Die Beschäftigten, ob Professor, Ärztin, Schwester, Raumpflege- oder Küchenpersonal, sind unfassbar freundlich, ausnehmend engagiert und sehr kompetent. Sie arbeiten hervorragend zusammen und nehmen sich Zeit. Ihre Kultur ist von einer ungewohnten Ernsthaftigkeit bei der Arbeit und von einer ansteckenden Heiterkeit im (egalitären) Umgang miteinander
und mit den Patienten bestimmt. Arbeitshetze und Zeitdruck sind Fremdwörter. Es herrscht, auch Vorgesetzten gegenüber, das Prinzip der offenen Diskussion zur Klärung von Problemen. Hierarchien leiten sich aus Kompetenz und Verantwortung ab“ beschreibt Urs K. aus Deutschland seine Erfahrungen in der Klinik, die er Ende letzten Jahres zu einer dreiwöchigen Behandlung aufgesucht hatte.
Er traf nur auf aufmerksame Menschen, die ihre Arbeit aus Überzeugung machen und wissen, dass die Genesung entscheidend davon abhängt, ob der Patient zuversichtlich und von der Therapie überzeugt ist. „Hier steht der Mensch im Mittelpunkt. Das ist sicher auch ein Grund, weshalb sich die historisch sehr bewussten und gebildeten Kubaner auch von den durch die Kolonialgeschichte und die US-Blockade oftmals bedrückenden materiellen Einschränkungen im Alltag nicht irritieren
lassen“ meint Urs K.
Die übergroße Vielzahl der Patienten des Cento Internacional de Retinosis Pigmentaria „Camilo Cienfuegos“ (CIRP) kann nach der Therapie feststellen, dass die Krankheit zum Stillstand gekommen ist. Fakt ist, dass kein Kubaner mehr durch RP erblindet, worauf man hier mit Recht stolz ist. Für sie gibt es in jeder Provinzhauptstadt eine Klinik, in der sie zweimal jährlich behandelt werden. Für sie ist die Therapie kostenfrei. Ausländer bezahlen für einen dreiwöchigen Aufenthalt in der Klinik insgesamt etwa 7.000 US-Dollar. Die Einnahmen des CIRP kommen dem kubanischen Gesundheitswesen zugute, das dadurch seine Forschung finanziert und die kostenlose Versorgung der Bevölkerung sicherstellt.
Von den schätzungsweise 40.000 RP-Patienten in der Bundesrepublik waren bislang erst wenige hundert zur Behandlung im CIRP. Aber immer mehr Menschen, die trotz aller Bemühungen seitens der europäischen Medizin, die kubanische Therapie zu verunglimpfen, den Schritt nach Kuba gewagt haben, berichten über ihre positiven Erfahrungen. Es gibt keinen einzigen, der etwas Negatives zu vermelden hätte.
Der 24-jährige Mario, der durch seine in Kuba durchgeführte Therapie eine 10%ige Steigerung seiner Sehkraft und eine leichte Verbesserung des Sehfelds verzeichnen konnte, bereut bitter, dass er solange gewartet hat. Er weiß jetzt, so schreibt er in
der Website www.retinitis-pigmentosa.de, dass wenn er sich früher zu dieser Therapie entschlossen hätte, seine Lebensqualität bedeutend höher wäre. „Heute bin ich dank der Kuba-Therapie auf einem besseren Stand als vor einem Jahr, aber wenn ich mir überlege, was ich alles aufgeben musste und was ich hätte haben können …, damit kann man nur schwer leben, denn es fehlt mir viel an Lebensqualität“
In der niederländischen Zeitung Volkkrant berichtet J. van den Berg aus Volendam, dass etwa 80 Niederländer nach Kuba gereist seien und keiner negative Erfahrungen gemacht habe. Er habe letztes Jahr Schwiegervater, Schwägerin und Schwager nach Kuba begleitet. Nach der Therapie in Kuba könne sein Schwiegervater den Blindenstock wieder zuhause lassen und falle auch nicht mehr über das Kinderspielzeug im Haus seines Schwagers.
Auch Jacky Métayer aus Frankreich kann nicht verstehen, warum die Ärzte in seinem Land sich nicht für die kubanische Therapie interessieren. „Ich wäre heute blind, wenn ich nicht operiert worden wäre. Ich brauche keinen Blindenstock mehr und mein Gesichtsfeld hat sich etwas erweitert. Wenn man mich zehn Jahre früher operiert hätte, könnte ich heute noch arbeiten“ sagte er.
Der damals dreißigjährigen Anne Lortie aus Kanada sagten die Ärzte, dass sie innerhalb von zwei oder drei Monaten blind sein
würde. So wurde sie zu einer der ersten kanadischen Patienten, die sich dieser Therapie in Kuba unterzog. „Das war die beste Entscheidung, die ich in meinem Leben getroffen habe“ sagte die 45-jährige Frau heute. Nach all dieser Zeit hat sie noch 22 % ihrer Sehkraft, brauchte ihr Leben nicht zu ändern und arbeitet immer noch im selben Beruf. Auch sie bedauert, dass die Ärzte in Kanada dieser kubanischen Therapie gegenüber nicht aufgeschlossener sind und dass sie ihre Patienten nicht darüber informieren.
Deniz Celiktas aus Dortmund, der kurz vor dem Ende seiner Ausbildung zum Chemikanten steht, hat die erfolgreich verlaufene Operation bereits hinter sich gebracht. Er und seine Mutter Selma sind froh, den Schritt nach Kuba gewagt zu haben. Sie hatten über einen Bekannten, der selbst in Havanna behandelt worden war, von der Therapie erfahren. Jetzt sind sie zuversichtlich, dass der berufliche Werdegang des jungen Mannes trotz RP wie geplant verlaufen kann.